Freitag, 19. April 2024

Ein Nachmittag aus der Sicht eines/einer Rollstuhlfahrers/-fahrerin

Seit zwei Jahren trägt die Realschule der Pfingstrittstadt das Profil „Inklusion“ und fast ein Jahr ist es nun her, dass im Beisein des Landrates Herrn Franz Löffler der Kooperationsvertrag mit der Fachoberschule in Cham besiegelt wurde. In diesem Kooperationsvertrag sind gemeinsame Projekte zwischen beiden Schularten verschriftlicht, damit der Übergang unserer Schülerinnen und Schüler an die FOS gut gelingt.

Das Rollstuhlprojekt, welches der Gesundheitszweig der FOS unter Leitung von Herrn Jürgen Kaufmann seit vielen Jahren sehr erfolgreich durchführt, passt haargenau zum inklusiven Profil der Realschule und ermöglicht zudem ein Kennenlernen der Schüler und Schülerinnen aus der 11. Jahrgangsstufe mit den Abschlussschülern/innen der Realschüler.

An einem Nachmittag im November starteten 22 interessierte Zehntklässler und ebenso viele FOS-ler mit StR Michael Franz (KBO), BeRin Ina Krause und OStR Jürgen Kaufmann am Haupteingang der FOS in Richtung Stadt. Für diese Aktion stellte das Sanitätshaus Stephan aus Waldmünchen zehn Rollstühle zur Verfügung.

Damit ein Kennenlernen der Schülerinnen und Schüler gelingt, wurden Vierergruppen mit jeweils zwei Realschülern und zwei FOS-lern gebildet. In diesen Kleingruppen galt es nun, verschiedene Aufgaben in der Stadt zu erledigen, wie z.B. Geld abheben, ein öffentliches WC benutzen, eine Breze beim Bäcker kaufen und ein Kleidungsstück im Modehaus anprobieren. Schon bald merkten die Schülerinnen und Schüler, wie schwierig es ist, eine hohe Bordsteinkante zu überwinden und auf dem unebenen Kopfsteinpflaster den Rollstuhl zu schieben. Auch so manche Eingangstreppe war eine unüberwindbare Hürde, die den Zugang zum Geschäft nicht ermöglichte. Die Gruppenmitglieder unterstützten sich während ihrer Erkundung gegenseitig und wechselten sich in den Rollen „Sitzender, Anschieber, Beobachter, Filmender“ ab. Ohne ihre „Anschieber“ fühlten sich die Rollstuhlfahrer hilflos und wären nicht in der Lage gewesen, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Vor allem der lange Weg aus der Innenstadt zum Bahnhof, wo die Rollstühle abgegeben werden konnten, war für alle Teilnehmer eine schwere körperliche Herausforderung.

Sehr erfreut waren die Schülerinnen und Schüler über die Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft der Passanten, welche die Aktion beobachteten.

Die Rollstuhlexkursion war eine wertvolle Erfahrung, um die Sensibilität im Umgang mit Menschen mit Behinderung zu stärken.

Außerdem erlebten die Teilnehmer hautnah, dass noch einige bauliche Maßnahmen notwendig sind, um eine flächendeckende Barrierefreiheit in Cham zu gewährleisten. Für Behinderte bedeutet eine Teilhabe am täglichen Leben immer noch viele Herausforderungen zu überwinden. Einerseits kämpfen sie gegen die Barrieren in den Köpfen Nichtbehinderter, andererseits gegen bauliche Hindernisse.

Ein sehr großer Dank geht an das Sanitätshaus Homecare St. Stephan aus Waldmünchen für die Bereitstellung der Rollstühle. 

Um unvergessliche Momente auch in Zukunft festhalten zu können, hat die Realschule zwei Smartphone-Stabilisatoren sogenannte Gimbal angeschafft. Diese kamen erstmals während der Erkundung zum Einsatz. Technikaffine Realschüler/innen werden nun zeitnah das gefilmte Material bearbeiten und auf den beiden Homepages veröffentlichen.

 

Michael Franz (KBO), Ina Krause (Beratungslehrerin)